Gleichwertigkeits- und Eignungsprüfung gemäß § 112a DRiG zur Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst

 

Voraussetzung für eine Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst ist grundsätzlich das Bestehen der ersten Prüfung nach § 5 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG). Die Anerkennung oder förmliche Gleichstellung eines im Ausland erworbenen juristischen Studienabschlusses ist – abgesehen von einer Sonderregelung für Spätaussiedler – ausgeschlossen.

Eine Ausnahme regelt § 112a DRiG. Danach darf Personen, die ein rechtswissenschaftliches Universitätsdiplom besitzen, das in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz erworben wurde und dort den Zugang zur postuniversitären Ausbildung für den Beruf des europäischen Rechtsanwalts gemäß § 1 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte eröffnet, die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst nicht allein deswegen verweigert werden, weil sie nicht die erste Prüfung nach § 5 Abs. 1 DRiG abgelegt haben. Es muss vielmehr eine umfassende (Gleichwertigkeits- und/oder Eignungs-) Prüfung erfolgen, ob die Kenntnisse und Fähigkeiten der Bewerberin bzw. des Bewerbers die für die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst erforderlichen Voraussetzungen erfüllen.

1.)

Zunächst müssen die formellen Voraussetzungen für den Eintritt in die Gleichwertigkeits- und/oder Eignungsprüfung vorliegen. Gemäß § 112a Abs. 1 DRiG muss die Bewerberin bzw. der Bewerber ein rechtswissenschaftliches Universitätsdiplom besitzen, das

  • in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz erworben wurde und
  • dort den Zugang zur postuniversitären Ausbildung für den Beruf des europäischen Rechtsanwalts gemäß § 1 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) eröffnet.

Es kommt dementsprechend nicht darauf an, ob der erworbene Abschluss mit der ersten Prüfung bzw. der Pflichtfachprüfung nach § 5 Abs. 1 DRiG vergleichbar ist.

2.)

Ferner muss die Bewerberin bzw. der Bewerber nachweisen, dass sie/er über Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich des deutschen Zivilrechts, Strafrechts und Öffentlichen Rechts (einschließlich der jeweiligen Verfahrensordnungen) verfügt, die den durch die bestandene staatliche Pflichtfachprüfung bescheinigten Kenntnissen und Fähigkeiten – diese ergeben sich im Einzelnen aus der Auflistung der Gegenstände der Pflichtfachprüfung in § 11 Abs. 2 JAG NRW – gleichwertig sind. Die Feststellung, ob der Antragsteller über gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt (Gleichwertigkeitsprüfung), erfolgt grundsätzlich in zwei Stufen:

a)

Auf der ersten Stufe werden die vorgelegten Diplome, Prüfungszeugnisse, sonstigen Befähigungsnachweise und eine etwaige einschlägige Berufserfahrung daraufhin geprüft, ob sie gleichwertige Kenntnisse im vorgenannten Sinne bescheinigen. Eine (vollständige) Gleichwertigkeit besteht dabei aber nur, wenn Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Niveau und in der gesamten Breite der staatlichen Pflichtfachprüfung nachgewiesen sind. Aufgrund dieses Gleichwertigkeitsmaßstabes wird es – selbst wenn ein Antragsteller in einzelnen Bereichen vertiefte Kenntnisse und Fähigkeiten haben mag – häufig an einer vollständigen Gleichwertigkeit fehlen. Eine Gleichwertigkeit der Kenntnisse und Fähigkeiten kann allerdings auch teilweise, nämlich nur in den Bereichen des deutschen Zivilrechts, des Strafrechts oder des Öffentlichen Rechts (einschließlich der jeweiligen Verfahrensordnungen) bestehen.

b)

In denjenigen der drei Rechtsgebiete, in deren eine Gleichwertigkeit nicht belegt ist, ist das Vorhandensein entsprechender Kenntnisse und Fähigkeiten durch Ablegen einer Eignungsprüfung nachzuweisen (zweite Stufe). Diese erfolgt durch Fertigung des Klausurenblocks der staatlichen Pflichtfachprüfung nach näherer Maßgabe der geltenden Prüfungsordnung. Weder beim Inhalt der Aufsichtsarbeiten noch bei den zugelassenen Hilfsmitteln oder bei der Bewertung gibt es insoweit Unterschiede. Es sind die Bestimmungen des JAG NRW maßgeblich, soweit § 112a DRIG keine vorrangige Regelung enthält bzw. sich aus § 112a DRIG nichts Abweichendes ergibt.

Folgende Punkte sind in § 112a DRiG abweichend bzw. vorrangig geregelt:

  • Soweit sämtliche Klausuren zu schreiben sind, ist die Eignungsprüfung gemäß § 112a Abs. 4 Nr. 1 und 2 DRiG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 JAG NRW bestanden, wenn mindestens drei der Prüfungsarbeiten bestanden sind, davon mindestens eine Aufsichtsarbeit auf dem Gebiet des Zivilrechts und eine Aufsichtsarbeit in einem der beiden anderen Rechtsgebiete.
  • Ist die Eignungsprüfung in einem Rechtsgebiet wegen teilweise festgestellter Gleichwertigkeit nicht abzulegen, gelten für die Frage des Bestehens die Klausuren in diesem Bereich der Pflichtfachprüfung fiktiv als bestanden, § 112a Abs. 4 S. 2 DRiG.
  • Eine mündliche Prüfung erfolgt nicht.
  • Die sog. universitäre Schwerpunktbereichsprüfung entfällt.
  • Im Falle des Bestehens der Eignungsprüfung wird darüber eine Bescheinigung erteilt. Eine Note wird darin nicht festgesetzt.
  • Eine nicht bestandene Eignungsprüfung kann einmal wiederholt werden, § 112a Abs. 5 DRiG.

Durch die Befreiung von der mündlichen Prüfung und der sog. universitären Schwerpunktbereichsprüfung tritt im Verhältnis zur ersten Prüfung nach § 5 Abs. 1 DRiG eine gewisse Erleichterung bei den Voraussetzungen ein, unter denen die Eignungsprüfung bestanden werden kann.

3.)

Zuständig für die Durchführung der Gleichwertigkeits- und Eignungsprüfung ist gemäß § 112a Abs. 7 S. 1 i.V.m. dem Erlass des Ministeriums der Justiz des Landes NordrheinWestfalen vom 17.01.2022 die/der Vorsitzende des Justizprüfungsamtes bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Eine ggf. erforderliche Eignungsprüfung führt das bei dem jeweiligen Oberlandesgericht bestehende Justizprüfungsamt im Wege der Amtshilfe durch.

4.)

Das Justizprüfungsamt bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf stellt auf seinen Internetseiten zwei Antragsvordrucke zur Verfügung, und zwar

  • einen Antrag auf Durchführung der Gleichwertigkeitsprüfung und
  • einen Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung.

Sofern eine Bewerberin bzw. ein Bewerber geltend macht, dass ihre/seine Kenntnisse und Fähigkeiten den durch die bestandene staatliche Pflichtfachprüfung nach § 5 Abs. 1 DRiG bescheinigten Kenntnissen und Fähigkeiten vollständig entsprechen, ist ausschließlich die Feststellung der Gleichwertigkeit zu beantragen (Antragsformular Gleichwertigkeitsprüfung). Sofern eine Bewerberin bzw. ein Bewerber geltend macht, dass ihre/seine Kenntnisse und Fähigkeiten den durch die bestandene staatliche Pflichtfachprüfung nach § 5 Abs. 1 DRiG bescheinigten Kenntnissen und Fähigkeiten teilweise entsprechen, kann sie/er insoweit die Feststellung der Gleichwertigkeit und zugleich im Übrigen die Durchführung der Eignungsprüfung beantragen. Alternativ besteht die Möglichkeit, zunächst nur die Feststellung der teilweisen Gleichwertigkeit zu beantragen und den Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung für die übrigen Prüfungsfächer später zu stellen (ebenfalls Antragsformular Gleichwertigkeitsprüfung). Sofern eine Bewerberin bzw. ein Bewerber geltend macht, dass alleine durch Diplome, Prüfungszeugnisse, sonstige Befähigungsnachweise und eine etwaige einschlägige Berufserfahrung eine Gleichwertigkeit ihrer/seiner Kenntnisse und Fähigkeiten mit den durch die bestandene staatliche Pflichtfachprüfung nach § 5 Abs. 1 DRiG bescheinigten Kenntnissen und Fähigkeiten nicht nachgewiesen werden kann, oder die fehlende Gleichwertigkeit bereits durch einen Bescheid eines anderen Justizprüfungsamtes bzw. Oberlandesgerichts oder der zuständigen Stelle eines anderen Bundeslandes festgestellt worden ist, kann auch direkt der Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung gestellt werden (Antragsformular Eignungsprüfung). Das Verfahren muss also nicht zwingend zweistufig ausgeprägt sein, denn in diesem Fall entfällt die Gleichwertigkeitsprüfung (erste Stufe). Sofern eine Bewerberin bzw. ein Bewerber unmittelbar die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst beantragt und im Rahmen dieses Antrags die Feststellung der Gleichwertigkeit ihrer/seiner Kenntnisse und Fähigkeiten beantragt oder sich ohne ausdrücklichen Antrag auf § 112a DRiG bezieht, wird dieser Antrag zunächst ausschließlich als Antrag nach § 112a DRiG behandelt. Es wird daher gebeten, davon abzusehen und stattdessen die Antragsvordrucke zu benutzen.

5.)

In Ergänzung zu den Antragsformularen soll noch auf Folgendes ergänzend hingewiesen werden:

  • Dass das rechtswissenschaftliche Universitätsdiplom im Herkunftsstaat den unmittelbaren Zugang zur postuniversitären weiteren Rechtsanwaltsausbildung, eröffnet, ist von der Bewerberin oder dem Bewerber im Einzelnen darzulegen und durch geeignete Belege (z.B. eine Bestätigung des für die Ausbildung zuständigen Trägers oder einer sonstigen öffentlichen Stelle) nachzuweisen. Ohne einen solchen Nachweis kann eine Gleichwertigkeitsprüfung grundsätzlich nicht stattfinden.
  • In der „Checkliste“ (Anforderungsprofil für Rechtsreferendare – „Checkliste“ NordrheinWestfalen, Stand: 05.01.2007), die in Dateiform neben den Antragsformularen sowie auf den Internetseiten des Landesjustizprüfungsamtes zu finden ist, sind die Rechtsgebiete aufgeführt, die Gegenstand der staatliche Pflichtfachprüfung sind (vgl. auch § 11 JAG NRW). Es obliegt der Bewerberin bzw. dem Bewerber, im Einzelnen darzulegen und durch geeignete Belege nachzuweisen, dass sie/er über diese Kenntnisse verfügt. Bei einem Antrag auf Durchführung der Gleichwertigkeitsprüfung müssen daher bei jedem Punkt der „Checkliste“ die Spalte „Vorgelegter Nachweis“ ausgefüllt und die entsprechende Unterlagen als Nachweis beifügt werden.

Leistungsnachweise, die für die bloße Teilnahme an Lehrveranstaltungen erteilt werden, genügen nicht, weil aus ihnen nicht hervorgeht, dass die Bewerberinnen und Bewerber tatsächlich die geforderten Kenntnisse besitzen. Sämtliche Nachweise müssen im Original oder in beglaubigter Ablichtung sowie zusätzlich – falls es sich um fremdsprachige Urkunden handelt – in beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt werden.

  • Auch Bewerberinnen und Bewerber, die in einem der Rechtsgebiete des deutschen Zivilrechts, Strafrechts und Öffentlichen Rechts (einschließlich der jeweiligen Verfahrensordnungen) teilweise gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen können, diese Kenntnisse und Fähigkeiten das Rechtsgebiet aber nicht vollständig abdecken, müssen in dem betreffenden Rechtsgebiet die Eignungsprüfung durch Fertigung sämtlicher Aufsichtsarbeiten dieses Rechtsgebietes ablegen.

 

 

 

Stand: Februar 2022