05.07.2024

In dem Strafverfahren gegen Stanley R. (48), Keven L. (43), Gregor M. (44) und Robin S. (39) wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot  durch Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts einer unanfechtbar verbotenen Vereinigung ("Combat 18 Deutschland") hat der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom 28.06.2024 die Anklage des Generalbundesanwalts vom 28.02.2024, vgl. Pressemitteilung vom 04.04.2024 externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab, zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dortmund eröffnet.

Zum Sachverhalt:

"Combat 18 Deutschland" ist eine rechtsextremistische Vereinigung und ein Ableger der in Großbritannien aktiven Gruppierung "Combat 18". Sie ist seit Oktober 2020 wegen ihrer Ausrichtung gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung bestandskräftig verboten.

Die Bundesanwaltschaft legt den Angeklagten (aus Dortmund, Eisenach, Daun und Gießen) zur Last, in Kenntnis des bestandskräftigen Verbots die Vereinigung "Combat 18 Deutschland" gemeinsam mit weiteren Mitgliedern bis jedenfalls Frühjahr 2022 fortbetrieben zu haben. Stanley R. habe als Anführer ab Ende Oktober 2020 mindestens 14 konspirative Treffen ausgerichtet, bei denen die Teilnehmer in einem Fall einen sog. „Leistungsmarsch“ absolviert und in einem anderen Fall ein Aufnahmeverfahren, u.a. mit Fragen zum Nationalsozialismus, für "Supporter" (d.h. Anwärter) durchgeführt haben sollen. Keven L. und Robin S. sollen Letztere maßgeblich organisiert und veranstaltet haben. Gregor M. habe für die Vereinigung Rechtsrockkonzerte organisiert und zusammen mit Stanley R. Tonträger und Kleidungsstücke mit Bezug zu „Combat 18 Deutschland“ herstellen lassen. Insbesondere Stanley R. soll nach Ermittlungen des Generalbundesanwaltes überdies für eine Vernetzung mit anderen rechtsgerichteten Vereinigungen gesorgt haben.

Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung des Falles (§ 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 74a Abs. 1 Nr. 2 GVG) übernommen. Die Verfahren gegen 17 mutmaßliche (einfache) Mitglieder hat sie im Sommer 2023 an die örtlich und sachlich zuständigen Staatsanwaltschaften der Länder abgegeben.

Zur Begründung der Senatsentscheidung:

Der 7. Strafsenat hat in seinem Beschluss die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet, da die Angeklagten der ihnen mit der Anklage vom 28. Februar 2024 zur Last gelegten Straftat gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB hinreichend verdächtig seien.

Eine seine Ausnahmezuständigkeit begründende besondere Bedeutung des Falles (§ 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GVG) hat der 7. Strafsenat verneint und die Sache gemäß § 120 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 GVG an die zuständige Staatschutzkammer des Landgerichts Dortmund verwiesen. Zur Begründung führt der Senat im Kern aus:

An die Bejahung der besonderen Bedeutung seien strenge Anforderungen zu stellen, weil hierdurch nicht nur in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern eingegriffen, sondern auch der gesetzliche Richter (Art. 101 GG) bestimmt werde. Zwar liege es grundsätzlich im zentralen Interesse Deutschlands, die sich bundesweit zunehmend verfestigenden rechtsradikalen Strukturen und die aus ihnen heraus begangenen Straftaten in effektiver Weise aufzuklären, um weitere einschlägige Straftaten wirksam bekämpfen zu können. Jedoch rage der angeklagte Sachverhalt weder durch das Ausmaß der Rechtsverletzung noch durch die Auswirkungen der Tathandlungen in besonderer Weise aus der Masse der durchschnittlichen Fälle hervor, so dass allein eine landgerichtliche Zuständigkeit gegeben sei.

Die Vereinigung habe nur 20 Mitglieder gezählt; ihre Treffen sollen jeweils unter Beteiligung meist nur einzelner Mitglieder und oft ausschließlich in Privaträumen stattgefunden haben. Das – laut Anklageschrift – Streben der Angeklagten nach einer großen und einflussreichen rechtsextremistischen Bewegung habe letztlich keine erkennbaren Früchte getragen. In eineinhalb Jahren habe die Vereinigung lediglich zwei neue Mitglieder gewinnen können; die von den Angeklagten organsierten Veranstaltungen wie "Rockkonzerte" hätten keinen relevanten Zulauf gefunden und reflektiere auch keine hohe Anziehungs- und Strahlkraft der Vereinigung. Damit habe sich die der Vereinigung im Zuge des Ermittlungsverfahrens noch zugeschriebene Einfluss- und Breitenwirkung letztendlich nicht bestätigt.

Die Entscheidung des Senats ist noch nicht rechtskräftig.

Aktenzeichen: III-7 St 1/24

 

Christina Klein Reesink
Pressedezernentin
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