Wandgemälde "Karl der Große lässt die Volksgesetze niederschreiben""Karl der Große lässt die Volksgesetze niederschreiben" (um 802)

 

Unter Karl dem Großen lebten die verschiedenen deutschen Stämme, die zu einem Reich vereinigt wurden, vielfach in bunter Mischung untereinander und mit den Römern, die vor allem in den früher römischen Gebieten stark vertreten waren. Während die Germanen ihr eigenes Stammesrecht hatten, lebten die Römer nach römischem Recht. Es ist klar, dass diese Verhältnisse zu zahlreichen Schwierigkeiten führen mussten; sie wurden dadurch erhöht, dass die Germanen in Berührung mit römischer Kultur kamen und das Christentum aufnahmen, wodurch eine weitgehende innere Umwandlung des Rechtes hervorgebracht wurde.

Zudem erkannte Karl, dass die bisherigen Aufzeichnungen der alten Stammesrechte widerspruchsvoll, unklar, namentlich aber lückenhaft und unvollständig waren. Ja, manche Stämme besaßen überhaupt keine Niederschrift ihrer Gesetze. Deshalb wurde auf dem Konzil und Reichstag zu Aachen (802) beschlossen, eine umfassende Prüfung und Bearbeitung der Stammesrechte vorzunehmen und zugleich wohl auch deren Christianisierung durchzuführen. Einhard, der zeitgenössische Biograph Karls schreibt: "Da Karl nach Annahme des Kaisernamens wahrnahm, dass an den Gesetzen eines Volkes manches fehle, mangelhaft sei, sann er darauf, das Fehlende beizufügen, das Widerstreitende in Einstimmung zu bringen."

Auf unserem Bilde finden wir nun Karl in einem behaglichen Raume seiner Kaiserpfalz zu Aachen in eingehender Beratung mit den Gesetzeskundigen. Obgleich selbst des Lesens und Schreibens nicht fähig, umfasste er doch mit dominierender Größe das ganze, weit verzweigte Gebiet. Mönche aus St. Gallen, den geübtesten Schreibkundigen jener Zeit, diktiert Karl die Neufassung der Volksgesetze, und zwar in lateinischer Sprache, die er ebenso wie seine Muttersprache beherrschte.

Bei Beratungen im Kreise gelehrter Männer, deren er viele an seinen Hof zog, wünschte Karl einen ungezwungenern, gegenseitigen Geistesaustausch. Auf seinen Wunsch legten sich deshalb einzelne seiner Umgebung besondere Namen bei wie Homer, Sokrates, Aristoteles etc. Er selbst legte die äußere Königswürde ab und wollte nur mit dem Namen David angeredet sein.

Über seine äußere Gestalt schreibt Einhard u.a.: "Er war von mächtigem starkem Wuchs, von hervorragender, aber nicht allzu langer Gestalt. Der Schädel war rundlich, die Augen sehr groß und lebhaften Blicks. Seine Erscheinung war im Stehen und Sitzen höchst bedeutend und würdig. Zwar der Nacken war breit und etwas kurz, der Unterleib ragte hervor, doch ward dies durch das Ebenmaß der anderen Glieder verhüllt, die ganze Haltung des Körpers war männlich."

Er trug keinen Vollbart, mit dem er so häufig dargestellt wird. Alle zeitgenössischen Wiedergaben nach seinem Kopfe zeigen ihn stets ohne Vollbart. Wir verweisen auf die Bleibullen, die Denare Karls des Großen, auf die kleine Bronzestatuette im Musée Carnavalet und auf das alte Mosaikbild aus Papst Leo’s III. Triclinium in Lateran.

"Die Gestalt Karls als des weisen Gebers und starken Schirmers alles Rechts hat sich im deutschen Volk tief eingeprägt. Die heilige Feme und zahllose Rechtsgebräuche des Mittelalters wurden und werden bis heute mit dem Recht der Sage auf Kaiser Karl zurückgeführt. So lebt Karl im deutschen Volke als Hauptschild und Hauptquelle alles deutschen Rechtes."