24.01.2023

Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Staatsschutzsenat) hat am 24. Januar 2023 den Angeklagten A. wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem Totschlag in zwei tateinheitlichen Fällen, in zwei weiteren Fällen in Tateinheit mit Terrorismusfinanzierung, sowie wegen Terrorismusfinanzierung in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt. Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Jan van Lessen verkündete das Urteil nach fast fünfmonatiger Hauptverhandlung am 18. Verhandlungstag.

Nach den Feststellungen des Senats reiste der Angeklagte zwischen Mitte Dezember 2012 bis Mitte Januar 2014 insgesamt drei Mal von Deutschland nach Syrien aus, um sich dort als Mitglied der terroristischen Vereinigung "Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya" ("Ahrar al-Sham") am bewaffneten Kampf gegen die Regierung von Bashar al-Assad zu beteiligen. In Syrien nahm er mehrfach aktiv an Kampfeinsätzen teil, wobei er unter anderem mit einem Sturmgewehr Kalaschnikow AK 47 und einer Pistole der Marke Glock bewaffnet war. Während eines Einsatzes im Januar 2014 versuchte der Angeklagte vergeblich, aus verdeckter Position zwei bewaffnete Gegner durch mehrere Maschinengewehrschüsse zu töten, ohne dass es zuvor zu einer Bedrohungssituation für ihn gekommen war. Zur Vorbereitung auf seine Kämpfe in Syrien beschaffte der Angeklagte sich während seiner Aufenthalte in Deutschland militärische Ausrüstungsgegenstände, unter anderem Gefechtskleidung, Kampfmittelwesten, ein Zielfernrohr und einen Infrarot-Laserstrahler.

Die Einlassung des Angeklagten, er habe sich bei den Syrienaufenthalten überwiegend in einem Flüchtlingslager eines Onkels seiner Ehefrau aufgehalten und im Übrigen lediglich als Lieferant von Hilfsgütern für das Flüchtlingslager betätigt, sah der Senat durch zahlreiche Lichtbilder und Videos, aber auch durch Standortdaten, gesicherte Chats und überwachte Telefonate als widerlegt an. Seine Einlassung zu dem Vorwurf des versuchten Totschlags, er habe bei Maschinengewehrschüssen in Richtung zweier sich nähernder syrischer Soldaten gezielt danebengeschossen, um das Leben der Feinde zu schonen und diese trotz ihrerseits schwerer Bewaffnung nur zu vertreiben, erwies sich nach der Beweiswürdigung des Senats als Schutzbehauptung.

Der Senat hat bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten maßgeblich berücksichtigt, dass die Taten inzwischen etliche Jahre zurückliegen, der Angeklagte nicht vorbestraft ist und – soweit ersichtlich – in Deutschland keine radikal-islamistische Gesinnung gezeigt hat. Strafmildernd war auch die erlittene Untersuchungshaft zu berücksichtigen, weil sie mit besonderen Einschränkungen und belastenden Sicherheitsvorkehrungen verbunden war. Schließlich hat der Angeklagte zu allen Taten Teile der objektiven Tatbestandsverwirklichung eingeräumt. Zu Lasten des Angeklagten wirkte sich aus, dass es sich bei der "Ahrar al-Sham" zur Tatzeit um eine der größten und schlagkräftigsten Vereinigungen im syrischen Bürgerkrieg handelte, die gerade in den Jahren 2012 bis 2014 in führender Rolle an Kampfhandlungen der Aufständischen beteiligt war.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte und der Generalbundesanwalt können Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.




Düsseldorf, 24. Januar 2023

Christina Klein Reesink
Pressedezernentin
Oberlandesgericht Düsseldorf

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