Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat heute (14. Februar 2023) eine 29-jährige deutsche Staatsangehörige aus dem Kreis Wesel wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit der Verletzung von Fürsorge- und Erziehungspflichten und in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Kriegsverbrechen gegen das Eigentum, zu einer Einheitsjugendstrafe von 3 Jahren verurteilt. Die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Puderbach-Dehne verkündete das Urteil nach fünf Verhandlungstagen. Der Senat hat zudem den Haftbefehl aufgehoben. Die Angeklagte wurde heute aus der Haft entlassen.

In den Schlussvorträgen hatte die Generalstaatsanwaltschaft für die Angeklagte eine Einheitsjugendstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten sowie die Anordnung der Haftfortdauer gefordert, die Verteidigung eine Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, sowie die Aufhebung des Haftbefehls beantragt.

Nach den Feststellungen des Senats reiste die Angeklagte zunächst Ende Oktober 2013 gemeinsam mit ihrem bereits zuvor in Syrien für den IS tätigen Ehemann und dem gemeinsamen minderjährigen Kind in das Hoheitsgebiet des IS in der Nähe von Aleppo. Aufgrund des Kriegsgeschehens ging sie mit dem Kind zunächst im Januar 2014 zurück in die Türkei. Ihr Ehemann verblieb in Syrien und betätigte sich weiterhin als Kämpfer des IS. Im April 2014 reiste die Angeklagte erneut mit der gemeinsamen Tochter nach Syrien ein. Sie schloss sich dort dem IS an und bezog gemeinsam mit ihrer Familie Wohnräume in Manbij und Set Faruq, die der IS ihnen nach Vertreiben der rechtmäßigen Eigentümer unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte. Zudem erhielt die Familie monatliche Geldzahlungen von der terroristischen Vereinigung. Im August 2014 bekam sie eine weitere Tochter. Nach dem Tod ihres ersten Ehemannes im Dezember 2014 heiratete die Angeklagte in Syrien im August 2015 einen weiteren IS-Kämpfer. Dieser Ehe entstammt ein Sohn. Im November 2017 nahmen kurdische Sicherheitskräfte die Angeklagte und ihre drei Kinder bei einem Einreiseversuch in die Türkei fest und verbrachten sie in verschiedene von Kurden kontrollierte Lager. Dort lebte sie mit ihren Kindern bis zu ihrer Rückholung nach Deutschland im März 2022. Hinsichtlich weiterer Anklagevorwürfe, u. a. der Anforderung von Spenden zur Unterstützung des IS in Höhe von insgesamt ca. 850 Euro über das Hawala-System, wurde das Verfahren auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf im Hinblick auf die nun ausgeurteilten Anklagevorwürfe eingestellt.

Die Angeklagte hat die verbliebenen Anklagevorwürfe über ihren Verteidiger weitgehend eingestanden. Sie gab an, vor allem aus Liebe zu ihrem ersten Ehemann gehandelt zu haben.

Der Senat hat bei der Strafzumessung zugunsten der nicht vorbestraften Angeklagten maßgeblich berücksichtigt, dass sie überwiegend geständig war und sich mittlerweile von der Vereinigung IS abgewandt hat. Mit erheblichem Gewicht strafmildernd hat sich ausgewirkt, dass sie fast viereinhalb Jahre in kurdischen Lagern interniert war, in denen die allgemeine und die medizinische Versorgung desolat waren. Straferschwerend wiegt u. a. die erhebliche Gefährdung des Kindes, das die Angeklagte nach Syrien verbrachte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagte und der Generalbundesanwalt können Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.

Das schriftliche Urteil wird erst in einigen Wochen vorliegen. Wenn es zugestellt und anonymisiert ist, wird es in die Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de externer Link, öffnet neues Browserfenster eingestellt werden.

 

Düsseldorf, 14.02.2023

Christina Klein Reesink
Pressedezernentin
Oberlandesgericht Düsseldorf

Cecilienallee 3
40474 Düsseldorf
Telefon: 0211 4971-411
Fax: 0211 4971-641
E-Mail: Pressestelle@olg-duesseldorf.nrw.de E-Mail-Adresse, öffnet Ihr Mail-Programm